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Im Dezember am Max Reinhardt Seminar: Josua Rösing inszeniert Die Brüder Karamasow

Josua Rösing hat letztes Jahr mit großem Erfolg Kafkas Verwandlung dramatisiert und am Bezirksgericht Meidling inszeniert. Im Dezember zeigt das Max Reinhardt Seminar Die Brüder Karamasow in der Regie von Josua Rösing:

Die Brüder Karamasow
nach Fjodor
Michailowitsch Dostojewskij

Premiere 15. Dezember, 19.30
Uhr
weitere Vorstellungen 17. bis 19. Dezember, jew. 19.30
Uhr
Benefizvorstellung 20. Dezember 2012, 19:30 Uhr

Neue
Studiobühne im Max Reinhardt Seminar

Regie                     Josua
Rösing

Bühne                   Mira König

Kostüme              
Mirjam Staengl

Dramaturgie         Friederike Römer

Es
spielen:
Katharina Breier, Katharina Haudum, Valerie Pachner,
Bastian Parpan, Sebastian Schmeck, Martin Schwanda, Lukas
Wurm

Der Vater Karamasow hat sich um seine Söhne nie geschert,
sie sind bei
unterschiedlichen Pflegeeltern aufgewachsen. Jetzt kehren sie
zum Vater
zurück, der mit der Mitgift seiner verstorbenen Frau Unsummen
gescheffelt
hat. Der Ältere, Dmitrij, ist pleite und fordert seinen Erbteil.
Er und der
Vater buhlen zudem beide um die zauberhafte Gruschenka. Dabei ist
Dmitrij
bereits mit Katja verlobt, in die sich Iwan, der zweite Sohn,
verliebt. Im
Haus des Vaters lebt noch der Lakai Smerdjakow, dessen Mutter,
eine
Stadtstreicherin, bei der Geburt gestorben ist. Und eine Nachbarin
und
Weltbürgerin fragt sich: Wer kann von sich sagen, dass er glücklich
ist?
Irgendwann wird der Vater ermordet.

Wie soll man
leben?

Im Anschluss an die Vorstellung am 20. Dezember wird eine
Podiumsdiskussion
mit dem Regisseur und den Schauspielern
stattfinden.

Reservierung für die Vorstellungen am 17., 18. und 19.
Dezember unter :
mrs@mdw.ac.at, siehe
auch: maxreinhardtseminar.at
Verkauf & Reservierung für die
Benefizvorstellung am 20. Dezember unter:
Karamasow.Wien@yahoo.de, oder : +43
650 29 30 183 (täglich 9 bis 11 Uhr)
(See attached file: Einladung.pdf)

Manfred Maiwald, Einführung in das italienische Strafrecht und Strafprozessrecht – Rezension für das Journal für Strafrecht, Nr. 4/2012


Im zusammenwachsenden europäischen Rechtsraum gewinnen
die Rechtsvergleichung und die Beschäftigung mit fremden Rechtssystemen
zunehmend an Bedeutung. Manfred Maiwald ist emeritierter ordentlicher Professor
für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsvergleichung in Göttingen und hat
bereits früher zum italienischen Recht publiziert. Nun bietet er eine
Einführung in das italienische Strafrecht und Strafprozessrecht, die für die
wissenschaftliche Befassung und die Strafrechtspraxis gleichermaßen geeignet ist.
Teil 1 der Monografie behandelt das materielle Strafrecht, mit Schwerpunkt auf
dem allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches. Nach einem kurzen Abriss der
Geschichte des italienischen Strafrechts werden die Grundprinzipien des
italienischen Strafgesetzbuches, des Codice
Rocco
, sowie die Lehren zu Tatbeständen, Handlung, Erfolg, Kausalität,
Zurechnung, Vorsatz, Fahrlässigkeit, Rechtfertigungsgründen und Versuch
übersichtlich dargestellt. Dabei werden die verschiedenen wissenschaftlichen
Theorien und Ansätze beschrieben, dies in einer sprachlich einfachen, stets
leicht lesbaren Form – ein besonderer Vorzug der Publikation.

Der zweite Teil ist dem
Strafprozessrecht gewidmet und wird wiederum den wissenschaftlichen Leser wie
den Praktiker gleichermaßen ansprechen. Für die österreichische Leserschaft
wird von besonderem Interesse sein, dass die italienische Strafprozessreform
des Jahres 1988/1989 viele Fragen entschieden hat, die in Österreich unter dem
Titel der Hauptverfahrensreform noch in Diskussion stehen. So hat Italien mit
seiner neuen Strafprozessordnung etwa das früher ähnlich wie in Österreich
inquisitorisch geprägte Hauptverhandlungsschema zu Gunsten des amerikanischen
System des Parteienprozesses und des Kreuzverhörs aufgegeben. Gleichzeitig
wurde eine Vielzahl abgekürzter Verfahrensvarianten eingeführt, die im Buch
skizziert werden. Unter anderem erhält der Leser die grundlegenden
Informationen über die italienische Form des plea bargaining. Das italienische Recht hat sich für eine
Vereinbarung zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung entschieden, die vom
Gericht genehmigt werden muss. Für den österreichischen Leser beachtlich ist
auch die Information über den allgemeinen Verteidigerzwang in sämtlichen
Strafverfahren in Italien sowie über die breite Palette an Sicherungsmaßnahmen,
die als Alternative zur Untersuchungshaft dienen. Der Autor vergisst auch nicht
auf jenes Themengebiet, das im Zusammenhang mit dem Strafrecht zu Italien
zumeist zuerst assoziiert wird, nämlich den Kampf gegen das Organisierte
Verbrechen. Maiwald behandelt die sogenannte Procura Antimafia und geht auf die garantierte Unabhängigkeit der
italienischen Staatsanwaltschaften ein. Auch dies ist im Lichte der
heimischen  Diskussion über die
Weisungsgebundenheit der öffentlichen Anklage von besonderem Interesse. 
Insgesamt bildet die
Monografie einen idealen Einstieg in die Beschäftigung mit der italienischen
Strafrechtsordnung, wobei die Mitanführung der meist einprägsamen italienischen
Termini sehr hilfreich ist. Die Klarheit der Darstellung, die Praxisnähe und
die zahlreichen Hinweise auf weiterführende Literatur verdienen besondere
Erwähnung. Ein sorgfältigeres Lektorat wäre dem Buch zu wünschen gewesen, es
hätte die nicht wenigen Schreibfehler vermeiden können. 

             Dr. Oliver Scheiber

Der neue Süden: Vendola und Crocetta

Lange hatte die Mafia Sizilien fest im Griff, lange gehörten Homosexualität und Kommunismus zu den großen Tabus im Süden Italiens. Die Wahl des 61-jährigen Rosario Crocetta zum neuen Regionalpräsidenten Siziliens diese Woche stellt all das auf den Kopf. Der 61-jährige ist einer der pronounciertesten Anti-Mafia-Kämpfer Italiens. Ein Attentat auf ihn durch einen litauischen Auftragskiller wurde in letzter Minute vereitelt. Crocetta gehörte früher den Kommunisten an, nun kandidierte er für den Partito Democratico. Der bisherige Abgeordnete zum Europäischen Parlament lebt offen schwul, agierte bereits als Bürgermeister der sizilianischen Mafiahochburg Gela aktionistisch und kompromisslos. Diese Linie scheint er als Regionalpräsident weiterzuverfolgen: Lucia Borsellino, Tochter des von der Mafia ermordeten Richters Paolo,
soll in seinem Auftrag das teure Gesundheitssystem Siziliens von der Unterwanderung durch die Mafia befreien. 
 
Mit der Wahl Crocettas folgt Sizilien dem Beispiel Apuliens. Dort regiert bereits seit einigen Jahren der charismatische linke Denker Nichi Vendola, dessen Einfluss auf Republiksebene laufend zunimmt (kein Politiker in Österreich hat eine solche website!). Die Wahl Crocettas ist nicht nur ein Zeichen des Zornes der Bürger, sie ist auch Ausdruck der Kraft Süditaliens. Alte Strukturen brechen zusammen, die Mafia hat ihre frühere Akzeptanz in weiten Kreisen endgültig verloren. Den Anhängern des alten Sizilien bleibt ein einziger Trost: der Katholik Crocetta gilt als Marienverehrer.
Rosario Crocetta, Foto: © La Presse
 

Was wir von Italien lernen können


Text für den falter, Ausgabe 43/2012
Was wir
von Italien lernen können
Harte
Strafen reichen nicht: Korruptionsbekämpfung muss dort ansetzen, wo es wirklich
weh tut
Gastkommentar:
Oliver Scheiber
Italien, Land der Mafia und Korruption – noch immer
gilt hierzulande diese Assoziation. Dabei reichen zehn Finger gerade aus, um heimische
Verdachtsfälle von Korruption und Wirtschaftskriminalität aufzuzählen:
Eurofighter, Hypo, Constantia, BUWOG, Skylink, Kommunalkredit, MEL, Telekom,
AKH, Terminal Tower. Das ist bloß eine Auswahl anhängiger Strafverfahren und
dennoch, da sind sich die meisten Experten einig, nur die Spitze eines
Eisbergs.

Österreichs Justiz wurde bei der Bekämpfung von
Korruption und Wirtschaftskriminalität von der Politik lange im Regen stehen
gelassen. Die Mahnungen internationaler Gremien schlug sie in den Wind, nötige
Ressourcen fehlten. Seit einiger Zeit jedoch gewinnt die Strafjustiz wieder
Boden unter den Füßen: durch Ermittlungserfolge und erste Anklagen. Von einer Trendwende
schreiben die Medien. Dennoch ist die Öffentlichkeit zu Recht irritiert von vielen
Verdächtigen, die vor einigen Jahren noch ohne erwähnenswertes Vermögen waren
und nun die Ermittlungen der Justiz von Luxusvillen, Penthäusern, Yachten und
Sportwägen aus beobachten.

Deshalb sind weitere Anstrengungen notwendig und sollten
auf einen Punkt fokussieren: auf die Sicherstellung kriminellen Vermögens. Geld
verschwindet bekanntlich nicht. Es wechselt den Besitzer. Oft lässt sich in
einem kriminellen Netzwerk nicht genau zuordnen, wer welche Handlung konkret zu
verantworten hat – diese Zuordnung ist die Voraussetzung für eine
strafrechtliche Verurteilung. Sehr wohl steht aber oft rasch fest, dass
bestimmte Gelder, Vermögen, Unternehmen durch kriminelle Handlungen erlangt
wurden oder aus solchen stammen. In den eingangs genannten Strafverfahren geht
es um den Verdacht des Missbrauchs öffentlichen Vermögens oder jenes der
Kleinanleger. Und dieses gilt es zurückzuholen.
Moderne Strategien der internationalen Korruptionsbekämpfung messen der Konfiszierung kriminellen Vermögens mehr Wirksamkeit zu als dem
Einsperren von
Tätern und Bossen. Verurteilte
Mitglieder eines kriminellen Netzes werden sofort ersetzt, große
Vermögensverluste dagegen schwächen mafiose Strukturen nachhaltig.
Hier wird Italien interessant. Es ist nicht nur
das Land der Mafia; es verfügt auch über einen der schlagkräftigsten
Strafverfolgungsapparate, gewachsen an der bald jahrhundertealten Herausforderung
des Staates durch die Organisierte Kriminalität.
Italien hat für die besonderen Fälle eine Beweislastumkehr
normiert. Das Prinzip ist einfach: Wer plötzlich und für Außenstehende
unerklärlich zu Vermögen kommt und in den Verdacht gesetzwidriger Aktivitäten gerät,
der muss der Staatsanwaltschaft die legale Herkunft des Vermögens belegen.
Scheitert dies, so werden kriminelle Güter rasch und unkompliziert
beschlagnahmt. Dabei geht es nicht nur um Konten und Bargeld; Autos, Wohnungen,
Villen, Unternehmen, Restaurants, ja sogar Badestrände werden konfisziert und
vom Staat weitergeführt – als sichtbare Zeichen der Erfolge des Rechtsstaats.
Die Staatsanwälte und Richter werden durch ein
landesweites Register verdächtiger und beschlagnahmter Vermögenswerte sowie
eine eigene Justizagentur unterstützt, die die Konfiszierung begleitet und
beschlagnahmtes Vermögen verwaltet.
Als kürzlich die Unterschlagung von Parteigeldern
durch den Fraktionsführer der Berlusconi-Partei PdL von Latium, Franco Fiorito,
 aufflog, wanderte Fiorito in
Untersuchungshaft. Noch am selben Tag wurden Fioritos Jeep, seine Villen und
Wohnungen konfisziert. Letzte Woche geriet die deutsche HSH Nordbank in einen
ähnlichen Strudel: ein Windpark in Kalabrien, von der Bank für eine deutsche Projektentwicklungsgesellschaft
finanziert, wurde beschlagnahmt. Die italienische Staatsanwaltschaft vermutet,
dass der Windpark von einem lokalen Mafia-Clan kontrolliert wurde. Allein die Polizei
von Catanzaro in Süditalien hatte im Zusammenhang mit diesem Projekt wegen
Mafia-Verdachts Gegenstände im Wert von insgesamt 350 Millionen Euro
beschlagnahmt.
Ähnliches spielte sich vor rund einem Jahr in
Rosarno ab. In dieser kalabrischen Kleinstadt wurden Häuser und Vermögen im
Wert dreistelliger Millionenbeträge konfisziert. Die Vorgangsweise der Behörden
ist hart, aber verhältnismäßig: die Banca d’Italia schätzt, dass die Gewinne
der diversen Mafiaorganisationen rund 130 Milliarden Euro jährlich betragen.
Darüber hinaus leisten vor allem die Staatsanwälte
Süditaliens Präventions- und Legalitätsarbeit. Sie gehen in die Schulen und erläutern
der Jugend die Wirkung und die Folgen von Korruption.
In Österreich sind die Dimensionen von
Wirtschaftskriminalität und Korruption kleiner. Die dahinterliegenden Strukturen,
die Gier und die kriminelle Energie sind indes dieselben. Längst geht es auch
in Österreich, siehe Skylink, um dreistellige Millionenbeträge. Die Justiz
benötigt deshalb weitere Unterstützung: eine radikale Vereinfachung der Regelungen
über die Konfiskation kriminellen Vermögens etwa; oder die Möglichkeit für Wirtschaftspolizisten
und Staatsanwälte, das italienische Modell vor Ort zu studieren und italienische
Staatsanwälte in Österreich bei Schulungen und Vorträgen zu hören. Investitionen
in den Kampf gegen Wirtschaftskriminalität und Korruption fließen an die
Gesellschaft vielfach zurück – ideell wie materiell.
Oliver
Scheiber ist Richter in Wien und hat als Mitarbeiter der früheren
Justizministerin Maria Berger die 2009 eingerichtete
Korruptionsstaatsanwaltschaft mitkonzipiert.

Heinz Düx im Interview

Heinz Düx befindet sich derzeit zu einem Besuch in Wien. Er trat Dienstag und Mittwoch dieser Woche bei zwei Veranstaltungen am Bezirksgericht Meidling und an der Volkshochschule Meidling auf und stieß auf großes Medieninteresse. ORF, Falter und Standard sprachn mit Heinz Düx. Der Standard bringt ein ausführliches, von Petra Stuiber und Peter Mayr geführtes Interview mit  Heinz Düx in seiner Ausgabe zum Nationalfeiertag.
Foto: http://www.fritz-bauer-institut.de