Unwirkliche Stunden

Es sind so unwirkliche politische Stunden wie zuletzt im Jahr 2000, als sich die Schwarz-blaue Regierung in Österreich bildete. Vor wenigen Tagen erst wurde eine Kundgebung für 9. Jänner  angekündigt, und heute sind zehntausende Menschen vor dem Bundeskanzleramt, 50.000 schätzen die Organisatoren, 25.000 melden die Behörden.

Das Wetter spielt mit, es bleibt trocken und ist nicht all zu kalt. Man geht durch die Menge und trifft alle paar Meter bekannte Gesichter. Im Bundeskanzleramt sind viele Lichter aufgedreht. Karl Nehammer wird morgen sein Amt zurücklegen. Vor seiner Haustür zehntausende besorgte und aufgebrachte Menschen. Einen solchen letzten Abend im Amt hat wohl bisher kein Kanzler erlebt. Dabei hat Nehammer den Bund mit der extremen Rechten konsequent abgelehnt, seine eigene Partei verweigerte ihm die Gefolgschaft in der politischen Integrität.

Ausgerechnet während der Kundgebung lässt die ÖVP ihre Bereitschaft zu Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ über die Agenturen laufen. Die Kundgebung endet gegen 20 Uhr bei ruhigem Wetter. Wenige Stunden später bricht starker Sturm über Wien herein.

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