Gastbeitrag für DIE PRESSE – Printausgabe vom 12.1.2015 (Rechtspanorama)
U-Ausschuss-Reform. Der bevorstehende Untersuchungsausschuss
zur Causa Hypo-Alpe-Adria wird zeigen, ob die Parlamentsparteien das neu und
besser gestaltete Kontrollinstrument mit Leben erfüllen.
zur Causa Hypo-Alpe-Adria wird zeigen, ob die Parlamentsparteien das neu und
besser gestaltete Kontrollinstrument mit Leben erfüllen.
Zum Jahresende 2014 haben die
Regierungsparteien ein langjähriges Versprechen eingelöst und einer
grundlegenden Reform der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zugestimmt.
Der zentrale Punkt der Reform ist bekannt: ein U-Ausschuss kann künftig auch
von einer parlamentarischen Minderheit eingesetzt werden. Damit wird der
Untersuchungsausschuss zu einem Kontrollinstrument der Opposition. Bisher
erforderte die Beschlussfassung für einen Untersuchungsausschuss eine
Parlamentsmehrheit. Die Reform ist erst seit 1. Jänner in Kraft und schon
bereiten sich alle Parteien auf einen Untersuchungsausschuss zum
Sachverhaltskomplex Hypo-Alpe-Adria vor.
Regierungsparteien ein langjähriges Versprechen eingelöst und einer
grundlegenden Reform der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zugestimmt.
Der zentrale Punkt der Reform ist bekannt: ein U-Ausschuss kann künftig auch
von einer parlamentarischen Minderheit eingesetzt werden. Damit wird der
Untersuchungsausschuss zu einem Kontrollinstrument der Opposition. Bisher
erforderte die Beschlussfassung für einen Untersuchungsausschuss eine
Parlamentsmehrheit. Die Reform ist erst seit 1. Jänner in Kraft und schon
bereiten sich alle Parteien auf einen Untersuchungsausschuss zum
Sachverhaltskomplex Hypo-Alpe-Adria vor.
Neben der grundlegenden
Systemumstellung von Mehrheits- auf Minderheitsinstrument bringt die Reform
eine neue Verfahrensordnung für die Ausschüsse. Was erwartet Abgeordnete, Auskunftspersonen und Öffentlichkeit also in
den neuen Ausschüssen?
Systemumstellung von Mehrheits- auf Minderheitsinstrument bringt die Reform
eine neue Verfahrensordnung für die Ausschüsse. Was erwartet Abgeordnete, Auskunftspersonen und Öffentlichkeit also in
den neuen Ausschüssen?
Zunächst hängt viel von der
Ausformulierung des Untersuchungsgegenstands des Ausschusses ab – nur in diesem
Rahmen kann der Ausschuss tätig werden. Den Vorsitz im Untersuchungsausschuss
führt die Präsidentin des Nationalrats. Ergänzend dazu bestimmt das Parlament
für jeden Ausschuss einen Verfahrensrichter und einen Verfahrensanwalt. Vor
allem dem Verfahrensrichter wird in den Anhörungen des Ausschusses eine
zentrale Rolle zukommen. Die Qualität seiner Arbeit wird den Erfolg der
Ausschussarbeit wohl maßgeblich mitbestimmen.
Ausformulierung des Untersuchungsgegenstands des Ausschusses ab – nur in diesem
Rahmen kann der Ausschuss tätig werden. Den Vorsitz im Untersuchungsausschuss
führt die Präsidentin des Nationalrats. Ergänzend dazu bestimmt das Parlament
für jeden Ausschuss einen Verfahrensrichter und einen Verfahrensanwalt. Vor
allem dem Verfahrensrichter wird in den Anhörungen des Ausschusses eine
zentrale Rolle zukommen. Die Qualität seiner Arbeit wird den Erfolg der
Ausschussarbeit wohl maßgeblich mitbestimmen.
Die Arbeit des U-Ausschusses
läuft ähnlich ab wie ein Gerichtsverfahren. Eine Besonderheit des U-Ausschusses
ist aber die Vielzahl der Akteure. So haben etwa alle Ausschussmitglieder ein
Fragerecht. Alle Einvernahmen werden wörtlich protokolliert. Dadurch werden die
Rechte der Auskunftspersonen bestmöglich gewahrt.
läuft ähnlich ab wie ein Gerichtsverfahren. Eine Besonderheit des U-Ausschusses
ist aber die Vielzahl der Akteure. So haben etwa alle Ausschussmitglieder ein
Fragerecht. Alle Einvernahmen werden wörtlich protokolliert. Dadurch werden die
Rechte der Auskunftspersonen bestmöglich gewahrt.
Der neue U-Ausschuss hat bei
seinen Erhebungen viel Spielraum. Grundsätzlich ist jede denkbare
Beweisaufnahme möglich. Der Ausschuss kann sich nicht nur alle ihm nötig
erscheinenden Akten und Dokumente beschaffen und einsehen, sondern ähnlich
einem Gericht einen oder mehrere Sachverständige bestellen und Augenscheine
vornehmen. Nach deutschem Vorbild kann ein Ausschuss nunmehr auch einen
Ermittlungsbeauftragten bestellen; dieser agiert gleichsam wie ein
Ausschuss-Kommissar. Der Ausschuss kann den Ermittlungsbeauftragten (oder einen
Sachverständigen) auch kurzfristig zu Recherchen, Befragungen, gesprächsweisen
Abklärungen oder Lokalaugenscheinen aussenden und so rasch auf neue
Informationen und Situationen reagieren.
seinen Erhebungen viel Spielraum. Grundsätzlich ist jede denkbare
Beweisaufnahme möglich. Der Ausschuss kann sich nicht nur alle ihm nötig
erscheinenden Akten und Dokumente beschaffen und einsehen, sondern ähnlich
einem Gericht einen oder mehrere Sachverständige bestellen und Augenscheine
vornehmen. Nach deutschem Vorbild kann ein Ausschuss nunmehr auch einen
Ermittlungsbeauftragten bestellen; dieser agiert gleichsam wie ein
Ausschuss-Kommissar. Der Ausschuss kann den Ermittlungsbeauftragten (oder einen
Sachverständigen) auch kurzfristig zu Recherchen, Befragungen, gesprächsweisen
Abklärungen oder Lokalaugenscheinen aussenden und so rasch auf neue
Informationen und Situationen reagieren.
Für die Öffentlichkeit bilden
wohl auch künftig die Einvernahmen der Auskunftspersonen vor dem Ausschuss das
Hauptinteresse. Die Auskunftspersonen stehen bei Ihrer Befragung im Parlament
unter Wahrheitspflicht; falsche Aussagen sind strafbar und mit Gefängnisstrafen
bedroht. Zumindest theoretisch kann der Ausschuss die Befragung einer Auskunftsperson
auch im schriftlichen Weg abwickeln (und die betreffende Auskunftsperson damit
in eine vergleichsweise gemütliche Position bringen). Ansonsten erfolgt die
Befragung öffentlich im Ausschuss. Jede Auskunftsperson erhält bereits mit der
Ladung das Thema ihrer Befragung zugesandt und hat dann vor dem Ausschuss
zunächst einmal die Möglichkeit einer einleitenden Stellungnahme von bis zu 20
Minuten Dauer. Erst daran schließt die Erstbefragung durch den
Verfahrensrichter an, die bis zu 15 Minuten dauert. Vor allem diese langen und
ersten Fragemöglichkeiten machen den Verfahrensrichter zu einer Schlüsselfigur
jedes Ausschusses. Erfahrung, Konsequenz und Vorbereitung des
Verfahrensrichters werden das Ergebnis der Ausschussarbeit wesentlich
mitbestimmen. Erst nach dem Verfahrensrichter kommen die Ausschussmitglieder
mit ihren Fragen an die Reihe.
wohl auch künftig die Einvernahmen der Auskunftspersonen vor dem Ausschuss das
Hauptinteresse. Die Auskunftspersonen stehen bei Ihrer Befragung im Parlament
unter Wahrheitspflicht; falsche Aussagen sind strafbar und mit Gefängnisstrafen
bedroht. Zumindest theoretisch kann der Ausschuss die Befragung einer Auskunftsperson
auch im schriftlichen Weg abwickeln (und die betreffende Auskunftsperson damit
in eine vergleichsweise gemütliche Position bringen). Ansonsten erfolgt die
Befragung öffentlich im Ausschuss. Jede Auskunftsperson erhält bereits mit der
Ladung das Thema ihrer Befragung zugesandt und hat dann vor dem Ausschuss
zunächst einmal die Möglichkeit einer einleitenden Stellungnahme von bis zu 20
Minuten Dauer. Erst daran schließt die Erstbefragung durch den
Verfahrensrichter an, die bis zu 15 Minuten dauert. Vor allem diese langen und
ersten Fragemöglichkeiten machen den Verfahrensrichter zu einer Schlüsselfigur
jedes Ausschusses. Erfahrung, Konsequenz und Vorbereitung des
Verfahrensrichters werden das Ergebnis der Ausschussarbeit wesentlich
mitbestimmen. Erst nach dem Verfahrensrichter kommen die Ausschussmitglieder
mit ihren Fragen an die Reihe.
In der Vergangenheit wurde
vielfach kritisiert, dass Untersuchungsausschüsse über einzelne Zeugen
gleichsam ein Scherbengericht abgehalten hätten. Mit der Reform erhalten die
Auskunftspersonen die erwähnte Möglichkeit der einleitenden Stellungnahme.
Zudem wird ein eigener Verfahrensanwalt bestellt, der auf die Rechte der
befragten Person achtet und mit dem sich eine Auskunftsperson während der
gesamten Befragung jederzeit beraten kann. Zusätzlich kann jede Auskunftsperson
eine Vertrauensperson zur Befragung mitnehmen. Selbstverständlich muss niemand
sich oder einen nahen Angehörigen strafrechtlich belasten – für diese Fälle
besteht die Möglichkeit, eine Aussage zu verweigern. Die Verfahrensordnung
verbietet zudem ausdrücklich Suggestivfragen sowie unbestimmte, mehrdeutige
Fragen an die Auskunftspersonen.
vielfach kritisiert, dass Untersuchungsausschüsse über einzelne Zeugen
gleichsam ein Scherbengericht abgehalten hätten. Mit der Reform erhalten die
Auskunftspersonen die erwähnte Möglichkeit der einleitenden Stellungnahme.
Zudem wird ein eigener Verfahrensanwalt bestellt, der auf die Rechte der
befragten Person achtet und mit dem sich eine Auskunftsperson während der
gesamten Befragung jederzeit beraten kann. Zusätzlich kann jede Auskunftsperson
eine Vertrauensperson zur Befragung mitnehmen. Selbstverständlich muss niemand
sich oder einen nahen Angehörigen strafrechtlich belasten – für diese Fälle
besteht die Möglichkeit, eine Aussage zu verweigern. Die Verfahrensordnung
verbietet zudem ausdrücklich Suggestivfragen sowie unbestimmte, mehrdeutige
Fragen an die Auskunftspersonen.
Beweistaktisch spannend ist die
Möglichkeit des U-Ausschusses, eine Gegenüberstellung von Auskunftspersonen
vorzunehmen. Es ist wohl mehr oder weniger spektakulär, wenn auf diese Weise
hochrangige politische Entscheidungsträger vor dem versammelten Ausschuss mit
Widersprüchen in ihren Angaben konfrontiert werden.
Möglichkeit des U-Ausschusses, eine Gegenüberstellung von Auskunftspersonen
vorzunehmen. Es ist wohl mehr oder weniger spektakulär, wenn auf diese Weise
hochrangige politische Entscheidungsträger vor dem versammelten Ausschuss mit
Widersprüchen in ihren Angaben konfrontiert werden.
In der Vergangenheit hat die
Justiz fallweise die Erschwerung der Strafverfolgung durch parallel laufende
Untersuchungsausschüsse beklagt. Die Reform sieht nun vor, dass sich künftig
Parlament und Justizminister in einem formellen Verfahren über die Reihenfolge
von Aktenübersendungen und Zeugenbefragungen verständigen, wenn
parlamentarische und strafrechtliche Untersuchungen parallel laufen.
Justiz fallweise die Erschwerung der Strafverfolgung durch parallel laufende
Untersuchungsausschüsse beklagt. Die Reform sieht nun vor, dass sich künftig
Parlament und Justizminister in einem formellen Verfahren über die Reihenfolge
von Aktenübersendungen und Zeugenbefragungen verständigen, wenn
parlamentarische und strafrechtliche Untersuchungen parallel laufen.
Am Ende der
Untersuchungstätigkeit steht wie bisher ein Ausschussbericht; mit seiner
Vorbereitung ist nunmehr der Verfahrensrichter betraut.
Untersuchungstätigkeit steht wie bisher ein Ausschussbericht; mit seiner
Vorbereitung ist nunmehr der Verfahrensrichter betraut.
Alles in allem scheint die Reform
der Untersuchungsausschüsse durchaus gelungen. Das Parlament erfährt dadurch
zweifellos eine Aufwertung. Die neuen rechtlichen Instrumente müssen freilich
erst mit Leben erfüllt werden. Der Tätigkeit des ersten Ausschusses nach neuem
Regime wird dabei eine wichtige Rolle zukommen. Man darf gespannt sein, wie das
Parlament die Chance der neuen Instrumente zu nutzen versteht.
der Untersuchungsausschüsse durchaus gelungen. Das Parlament erfährt dadurch
zweifellos eine Aufwertung. Die neuen rechtlichen Instrumente müssen freilich
erst mit Leben erfüllt werden. Der Tätigkeit des ersten Ausschusses nach neuem
Regime wird dabei eine wichtige Rolle zukommen. Man darf gespannt sein, wie das
Parlament die Chance der neuen Instrumente zu nutzen versteht.
Dr. Oliver Scheiber ist
Richter in Wien. Dieser Text gibt seine persönliche Ansicht wieder.
Richter in Wien. Dieser Text gibt seine persönliche Ansicht wieder.