Der neue Süden: Vendola und Crocetta

Lange hatte die Mafia Sizilien fest im Griff, lange gehörten Homosexualität und Kommunismus zu den großen Tabus im Süden Italiens. Die Wahl des 61-jährigen Rosario Crocetta zum neuen Regionalpräsidenten Siziliens diese Woche stellt all das auf den Kopf. Der 61-jährige ist einer der pronounciertesten Anti-Mafia-Kämpfer Italiens. Ein Attentat auf ihn durch einen litauischen Auftragskiller wurde in letzter Minute vereitelt. Crocetta gehörte früher den Kommunisten an, nun kandidierte er für den Partito Democratico. Der bisherige Abgeordnete zum Europäischen Parlament lebt offen schwul, agierte bereits als Bürgermeister der sizilianischen Mafiahochburg Gela aktionistisch und kompromisslos. Diese Linie scheint er als Regionalpräsident weiterzuverfolgen: Lucia Borsellino, Tochter des von der Mafia ermordeten Richters Paolo,
soll in seinem Auftrag das teure Gesundheitssystem Siziliens von der Unterwanderung durch die Mafia befreien. 
 
Mit der Wahl Crocettas folgt Sizilien dem Beispiel Apuliens. Dort regiert bereits seit einigen Jahren der charismatische linke Denker Nichi Vendola, dessen Einfluss auf Republiksebene laufend zunimmt (kein Politiker in Österreich hat eine solche website!). Die Wahl Crocettas ist nicht nur ein Zeichen des Zornes der Bürger, sie ist auch Ausdruck der Kraft Süditaliens. Alte Strukturen brechen zusammen, die Mafia hat ihre frühere Akzeptanz in weiten Kreisen endgültig verloren. Den Anhängern des alten Sizilien bleibt ein einziger Trost: der Katholik Crocetta gilt als Marienverehrer.
Rosario Crocetta, Foto: © La Presse
 

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